Neue Studie
16.10.2012 —
17:22 Uhr
Sie hängen nur zu Hause herum, sind zu faul, sich um ihr Leben zu kümmern -– und wenn ihnen ein Job angeboten wird, lehnen sie ihn ab: So oder so ähnlich denken viele Deutsche über Hartz-IV-Empfänger. Zu
diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag der
Bundesagentur für Arbeit (BA). In der Mehrheit der Fälle stimme dieses
Bild aber nicht, machen die Arbeitsvermittler am Dienstag in Berlin
klar. „Meist sind diese Vorurteile Irrtümer”, betont BA-Vorstand Heinrich Alt. Es gibt dieses Bild von Hartz-IV-Empfängern, das in zahllosen Doku-Soaps täglich über die Fernsehbildschirme flimmert: Samantha
bekommt mit 15 ein Kind, ihre Mutter ist dick und interessiert sich
nicht für ihre Tochter, der Vater wohnt ein Stockwerk tiefer in der
Hochhaussiedlung und trinkt. Natürlich lebt die ganze Familie von der
Grundsicherung: 374 Euro pro Erwachsenen, etwas weniger für Kinder und
Jugendliche.
Diesem hartnäckigen Image rückt die BA nun mit einer Kampagne (http://jobcenter-ich-bin-gut.de) zu Leibe: „Die
Menschen wollen arbeiten”, sagt Alt. „Wir wollen, dass sie in der
Öffentlichkeit eine Chance bekommen.” Denn die Vorurteile behinderten
viele Betroffene auf ihrem Weg ins Berufsleben: Alleinerziehende, ältere
Menschen, Behinderte. Je mehr Menschen Hartz-IV-Empfänger kennen
würden, desto positiver urteilten sie über auch sie. Das Problem: Einige
kennen gar keine. Vielleicht deswegen hat sich in den Köpfen vieler Deutscher das Bild des faulen Hartz-IV-Empfängers festgesetzt. -
55 Prozent der Befragten glauben laut der Umfrage des Instituts für
Demoskopie Allensbach, dass Hartz-IV-Empfänger nicht selbst aktiv nach
Arbeit suchen. - 57 Prozent meinen, sie hätten
zu hohe Ansprüche bei der Arbeitssuche und 55 Prozent sind sich sicher,
dass Empfänger der Grundsicherung nichts Sinnvolles zu tun haben. Den „Irrtümern” der Deutschen setzt die Arbeitsagentur ermittelte „Fakten” gegenüber: Die Mehrheit der rund 4,4 Millionen Hartz-IV-Empfänger – davon rund 1,9 Millionen Erwerbsfähige -– passe nicht zum Vorurteil. Tatsächlich klopften 62 Prozent der Hartz-IV-Empfänger auf der Suche nach einem Job selbst bei Arbeitgebern an. 71
Prozent der Betroffenen sagten, sie würden auch Arbeit annehmen, für
die sie überqualifiziert sind und 62 Prozent gehen trotz der
Grundsicherungsleistung einer gesellschaftlich relevanten Tätigkeit
nach. Vor allem eines sind viele Hartz-IV-Empfänger laut BA-Studie nicht: faul. „Etwa ein Drittel ist erwerbstätig, die Hälfte in einem Minijob, andere in Teilzeit”, sagt BA-Vorstand Heinrich Alt.
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